Besuch in Franztal 2010

Die beeindruckenden Erlebnisse der ersten Franztalreise im Frühjahr 2008 haben sich offensichtlich schnell herumgesprochen, denn die Anfragen hinsichtlich eines erneuten Besuches wurden immer zahlreicher. Der Verein entschloss sich deshalb eine erneute Fahrt zu organisieren und auszuschreiben.


Als Termin wurde der 30. September 2010 bis zum 3. Oktober 2010 festgelegt. Mit über 70 Mitreisenden aus vier Nationen (Österreich, Deutschland, Schweiz, Amerika) war das Interesse noch größer als beim ersten Mal. Überraschend und erfreulich zugleich: Ein guter Teil der Teilnehmer kam nicht unmittelbar aus dem Kreis der Franztaler Ortsgemeinschaft. Allen gemeinsam war aber der Wunsch die Heimat wieder zu sehen oder auf den Spuren der Ahnen zu wandeln, auf der Suche nach den eigenen Wurzeln.


Das Busunternehmen Feichtinger aus Mondsee musste daher sogar einen zweiten Bus einsetzen. Sechs Personen aus Stuttgart bzw. Wien reisten individuell an und stießen erst im Hotel in Belgrad direkt zur Gruppe. Als Route wurde diesmal der Weg über Ungarn gewählt, Grenzwartezeiten, so viel sei vorweggenommen, musste man aber dennoch in Kauf nehmen.


Frühmorgens um 05:30 Uhr ging es los. Ausgehend von Salzburg über Mondsee, Ybbs und Schwechat sind die Landsleute zugestiegen. Auf der Weiterfahrt gab es sicherlich viel zu erzählen, einige Zwischenstopps, die landschaftlichen Eindrücke und vor allem die Vorfreude haben auch das ihre zur Kurzweile beigetragen, dennoch waren wohl alle mehr als froh, als gegen 21 Uhr die Weiße (beo-) Stadt (grad), Belgrad erreicht wurde. In der Stadt haben kurzerhand Walter Müller, Franz und Ernst Schall das Navigationssystem übernommen und uns zielsicher per Karte zum Hotel Best Western Sumadija geleitet.

Das Hotel Sumadija ist ein 4 Sterne Hotel in der Nähe des Messezentrums gelegen und unseren 4 Sterne Hotels durchaus ebenbürtig. Nach dem Abendessen hat uns unser Landsmann Toni Saric, einigen schon bekannt von der ersten Reise und/oder mit seinem interessanten Artikel „Freude, Ehre Verantwortung“ im 32. Heimatbrief, begrüßt.

Auch dieses Mal zeichnete er für das Programm und die Organisation vor Ort verantwortlich und hat somit wesentlich zum Gelingen der Reise beigetragen. Belgrad dürfte an diesem Abend wohl niemand mehr unsicher gemacht haben, von nächtlichen Erlebnissen wurde jedenfalls am nächsten Morgen nichts berichtet.

 

Freitag der 1. Oktober 2010 war für alle ein besonderer Tag. Die meisten würden Franztal zum ersten Mal sehen oder nach langer Zeit wiedersehen. Für einen war es aber ein ganz besonderer Tag. Nicht ganz zufällig feierte Landsmann Peter Schwarz seinen 88. Geburtstag im Kreise seiner Familie in Franztal. Zweifelsohne ein ganz besonderes Geschenk .


Bereits um 9 Uhr wurde in der Semliner Kirche Maria Himmelfahrt von Pfarrer Jozo Duspara eine Heilige Messe abgehalten. Neben dem Chor gaben junge Musiker aus der Belgrader Musikschule, Streicher und ein Sänger, sowie ein in Deutsch vorgetragenes Gedicht der Messe den feierlichen Rahmen. Das alles wurde untermalt von der in Österreich/St. Florian neu renovierten Orgel. Anlässlich der Einweihung der neuen Orgel war der weltweit bekannte Salzburger Kirchenmusiker Bernhard Gfrerer zu Gast. Obmann Franz Schall überreichte Pfarrer Duspara eine kleine Aufmerksamkeit und bekam im Gegenzug ein von einer Schwester selbstgebasteltes Bild als Dankeschön.


Nach der Messe wurden die Franztaler im Innenhof wieder großzügig bewirtet. Es ist der Hof, in dem einige wenige Reste der abgerissenen Franztaler Kirche Hl. Wendelin stehen, wie das Taufbecken oder ein Kapitell.


Von der Kirche ging es weiter zum großen Friedhof Bezanja in Neu Belgrad. Hierher wurden die letzten Reste des ehemaligen Franztaler Friedhofes gerettet, darunter einige Grabsteine sowie eine Jesus-Statue – nicht die erste Station nach dem Franztaler Friedhof, wohl aber die letzte. Nach der Kranzniederlegung und einem Gebet für die Verstorbenen versuchten viele die kaum mehr lesbaren Grabinschriften in der Hoffnung auf einen Ahnen zu treffen zu entziffern.


Nun aber war es soweit, der eigentliche Höhepunkt der Reise stand bevor, der Besuch von Franztal. Die Busse wurden in einer parallelen Seitenstraße zur Hauptgasse geparkt. Ausgestattet mit dem deutsch/serbischen Stadtplan von Herrn Laudenbach aus Wien machte man sich zumeist in kleinen Gruppen auf, auf eine Reise in eine andere Zeit. Für diejenigen, die „Dahom“ noch gekannt haben mag vieles nicht mehr so sein wie es einmal war oder sie es noch in Erinnerung haben.

 

Für die Jüngeren ist von Franztal aber zweifelsohne noch so viel erhalten, um sich ein authentisches Bild machen zu können. Seit dem letzten Besuch hat sich jedenfalls merklich nichts verändert. Sollten die EU-Beitrittsbemühungen der serbischen Regierung in naher Zukunft Erfolg haben, könnte sich eine andere Entwicklung abzeichnen. Daran dachte in diesem Moment jedoch niemand. Jeder war auf der Suche nach seinem Haus, dem Haus seiner Eltern oder Großeltern und ließ dabei die Eindrücke auf sich wirken.

Der Erfolg fiel wieder unterschiedlich aus. Einige hatten das große Glück und wurden sogar hereingebeten, andere fanden zumindest die Häuser, wieder andere wussten bereits, dass es nichts mehr zu finden gibt, wenige hatten geglaubt etwas zu finden, wurden aber bitter enttäuscht. Bei Häusern die einer Renovierung unterzogen wurden oder in Straßen die heute ein wesentlich anderes Bild abgeben ist es sicherlich nicht immer einfach das „seine“ mit Sicherheit auszumachen.


Einige scheuten auch nicht den Weg auf den Kalvarienberg. Vom einstigen Lager ist nichts mehr zu sehen. Eine Stiege wurde auch teilweise mit Franztaler Grabsteinen gepflastert, was in manchen Feldern an Teilen von Grabinschriften eindeutig zu erkennen war. Der wunderschöne Ausblick, unter anderem Richtung Donau und Hunjadi, hat die düsteren Gedanken schnell wieder vertrieben und leider auch daran erinnert, dass der Nachmittag viel zu schnell vergangen war und man sich schon wieder beim Bus für die Rückfahrt ins Hotel einzufinden hatte. Für Gesprächsstoff war jedenfalls gesorgt und dieser ging an diesem Abend sicherlich nicht aus.


Nach einer mehr oder weniger langen Nacht begann das Tagesprogramm nach einer kleinen Änderung mit einer Stadtrundfahrt durch Belgrad. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie die Kirche des Hl. Sava, das Parlament, das Rathaus usw. wurden uns einer Fremdenführerin sehr gut näher gebracht. Belgrad ist zu groß und seine Geschichte zu lange und aufregend, als dass man sie in so kurzer Zeit erzählen könnte.

Ein hochinteressanter Einblick war jedoch möglich und die nun folgende Donau-Save-Rundfahrt bot dazu eine weitere Gelegenheit. Während der rund zweistündigen Fahrt rund um die Große Kriegsinsel an der Donau-Save-Mündung konnte man neben dem tollen Ausblick unter anderem auf den Hunjadi und die Festung Kalemegdan noch weiteres Wissenswerte über Land und Leute erfahren. Im Anschluss an die Schiffsrundfahrt wurde der Kalemegdan dann vom Land aus erobert. Ein beeindruckendes Bau- und Bollwerk.

 

Nach einem gemeinsamen Mittagessen stand der Nachmittag zur freien Verfügung. Er wurde sehr unterschiedlich genutzt. Einige statteten Franztal noch einmal einen Besuch ab, adere begaben sich in die Innenstadt von Belgrad. Die Fußgängerzone war mit wenigen Schritten vom Restaurant aus zu erreichen. Mit ihren wunderschönen Fassaden, noblen Geschäften, einladenden Cafes und einem pulsierenden Leben bot sie einiges an Flair und unterschied sich nicht im Geringsten von anderen westlichen Metropolen. In einem Land mit einem Durchschnittseinkommen von ca. EUR 350,00 sicherlich nicht selbstverständlich.


So war auch an diesem Nachmittag für jeden etwas dabei. Manchen verging die Zeit wieder einmal zu schnell und sie zogen es deshalb vor individuell ins Hotel zurückzufahren. Wie man hört soll aber auch das noch nicht ausgereicht haben und einige sollen sich deshalb zur Nachbesprechung in einem Lokal in der Nähe des Hotels getroffen haben.


So gesehen wurde am Sonntag um 8 Uhr sehr früh die Heimreise angetreten. Vorbei an den ehemaligen Feldern der Franztaler, Neu Pasova, Alt Pasova und Indja wurde aber zunächst noch der ehemaligen Wallfahrtskirche Maria Schnee bei Karlowitz in Syrmien ein Besuch abgestattet.

Die 2008 übergebene und geweihte Kerze wurde angezündet und ein Vater Unser gebetet. Aufgrund der Erfahrungen aus 2008 wollte man die Heimreise zügig gestalten. Deshalb war diesmal auch ein Stopp in Peterwardein bei Novi Sad nicht mehr vorgesehen. Ein weise Entscheidung, wie eingangs bereits angedeutet. Den gleichen Weg, den wir gekommen waren, ging es zurück in die (neue) Heimat. So gegen 2 Uhr früh sollten die letzten zufrieden ins Bett gefallen sein.


Was bleibt sind unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse. Für jeden werden sie etwas anderes bedeuten. Zu unterschiedlich sind Motivation und Erwartungshaltung. Franztal sollte aber in jedem Fall wieder eine Reise wert gewesen sein.

Michael und Gerda Braschel